Erste Einschätzung der Proteste in Kasachstan

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Kategorie: Nordrhein-Westfalen
Veröffentlicht am Donnerstag, 06. Januar 2022 21:19
Geschrieben von LO NRW
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In Kasachstan, einer ehemaligen Sowjetrepublik, sind seit einigen Tagen massive Volksproteste ausgebrochen. Es brennen Gebäude der Regierungspartei, Autos, die Situation in der Hauptstadt Almaty ist sehr angespannt, die Protestteilnehmer benutzen teilweise Waffen. Wie sollen wir diese Proteste einschätzen, welche Kräfte stehen dahinter, ist es wieder eine Farbenrevolution/regime Change der Imperialisten oder etwas anderes? Das Mitglied der „Sozialistischen Bewegung Kasachstans“ Ainur Kurmanov erklärt die Situation in etwa so: Es gibt eine lange Tradition der Arbeiterbewegung in Kasachstan, Streiks und Arbeiteraufstände sind in diesem Land nichts Neues.

Das ist besonders bewundernswert, weil die kapitalistische Regierung mit allen Mitteln diese Bewegung bekämpft und das auch mit aller Härte. Mehrere gewerkschaftliche und Arbeiteraktivisten befinden sich im Moment in Gefängnissen, die Kommunistische Partei ist sogar verboten, deswegen müssen sich Kommunisten als „Sozialistische Bewegung“ bezeichnen.

Den Antikommunismus der Regierung kann man auch daran erkennen, dass mehrere Lenin Denkmale in Kasachstan abmontiert wurden, der bürgerliche Nationalismus wächst immer stärker. Vor 10 Jahren beging die Regierung ein blutiges Verbrechen: in Schangaösen wurden mehrere streikenden Arbeiter rücksichtlos erschossen, noch mehr wurden verletzt oder endeten in Gefängnissen. Das hat die kasachischen Arbeiter dennoch nicht abgehalten und die Proteste und Streiks, gingen und gehen weiter und nehmen immer mehr politischen Charakter an und lassen nicht nach. Auch der heutige Protest ist mit mehreren Arbeiterstreiks verbunden. Dieser Protest ist nicht gegen Russland gerichtet und er ist nicht prowestlich.

Die Regierung von Tokaev/Nasarbaev (der alte Regierungschef hat immer noch einen wichtigen Posten in Regierung) ist selbst bereits seit langer Zeit prowestlich. In Almaty befindet sich ein Trainingscenter der NATO zur „Friedenssicherung“. Überdies versucht diese Regierung den Einfluss der aus Sowjetzeiten im Lande ansässigen russischen Bevölkerung zu mindern und unternahm dazu sogar Schritte, das kyrillische Alphabet zu ersetzen. Ja, Kasachstan arbeitet auch mit Russland und China zusammen, versucht eine „Mehrvektorpolitik“ zu betreiben, aber gerade das US-Amerikanische und EU-Kapital schlägt dort die meisten Profite raus. So gab es z. B. kürzlich im November 2021 einen Streik im Betrieb des DAX-notierten deutschen Konzerns „HeidelbergCement“, in dem deutsche Kapitalisten durch Hungerlöhne der Arbeiter enorme Profite herausschlagen konnten. Die Konzernherren waren gezwungen auf Forderungen der Streikenden einzugehen.

Kasachstan hat bereits eine abhängige Rohstoffwirtschaft, die ökonomische Lage der Werktätigen ist sehr schlecht, und die letzte Gaspreiserhöhung hat diese massiven Proteste hervorgerufen. Auch die Rücknahme der Preiserhöhungen durch die Regierung hatte keine Wirkung, der mehr als berechtigte Zorn des Volkes war bereits entfacht. Dass der Westen nichts damit zu tun hat, kann man auch an den deutschen Medien ablesen: im Vergleich zur versuchten Farbenrevolution in Belarus sind die Meldungen in den Medien zurückhaltend bis neutral formuliert, der Regierungschef wird z. B. nicht als „Tyrann“ oder „Machthaber“ bezeichnet, sondern noch mit seiner Amtsbezeichnung „Präsident“ adressiert. Sanktionen wurden auch noch nicht angedroht. Diese Unruhen sind für die westlichen Kapitalisten anscheinend nicht wünschenswert.

Es gibt jedoch keinen Zweifel, dass die Liberalen und die nationalistischen Organisationen diesen Protest übernehmen und anzuführen versuchen, um Kasachstan noch weiter in eine Richtung zu drücken, die jener der Ukraine gleicht. Darin liegt die Gefahr. Die kommunistischen Kräfte sind im Land so stark durch Repression geschwächt, dass sie im Moment noch nicht die Möglichkeit haben, diesen Protest anzuführen. Das kann sich jedoch noch ändern. Diese Proteste könnten ein Zeichen und ein Vorbote der zukünftigen sozialistischen Revolution werden. Die Werktätigen in Kasachstan können die unmenschliche Situation der Ausbeutung nicht mehr weiter ertragen!

Solidarität mit den Arbeitern und Werktätigen in Kasachstan!

Freiheit den politischen Gefangenen!

Solidarität mit unseren Genossinnen und Genossen in Kasachstan.

(LO NRW)