Standpunkt des ZK der KPD zum völkerrechtswidrigen Einsatz der Bundeswehr in Syrien

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Kategorie: Partei
Veröffentlicht am Mittwoch, 09. Dezember 2015 23:05
Geschrieben von estro
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k-p-d-logo-rssNach Aufforderung der CDU/CSU-SPD-geführten Bundesregierung stimmte nun auch am 4. Dezember 2015 eine Mehrheit des Bundestages, fast ausschließlich CDU/CSU und SPD Abgeordnete, einem neuen deutschen Kriegseinsatz der Bundeswehr in Syrien zu.

Die Mehrheit der Bevölkerung fragt sich, wissen die 445 Bundestagsabgeordneten die mit Ja gestimmt haben wirklich nicht was Krieg bedeutet? Haben diejenigen von ihnen, die den 2. Weltkrieg erlebt haben, das Gedächtnis verloren? Haben die Anderen nicht zugehört, als ihre Großeltern und Eltern vom Leid des Krieges erzählten? Ist ihnen nicht klar, daß der Einsatz der Bundeswehr dazu beiträgt, daß sich aus der Region Syrien/Naher Osten ein Flächenbrand mit weltweitem Umfang entwickelt, der auch Deutschland nicht verschont?

Die 145 Abgeordneten, die geschlossene Fraktion Die Linke, die Mehrheit der Grünen, 28 SPD-Abgeordnete und 2 Abgeordnete der CDU/CSU folgten ihrem humanistischen Gewissen und ihrer Antikriegshaltung, die in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und der Friedenspflicht des Grundgesetzes der BRD stehen.

Es ist im höchsten Maße bedenklich und für die Bevölkerung nicht hinnehmbar, wie die Regierung der BRD und die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten sich über völkerrechtliche Regeln und das Grundgesetz der BRD hinwegsetzen.

In Übereinstimmung mit der Charta der Vereinten Nationen, dem 2+4 Vertrag und dem Grundgesetz der BRD, Artikel 26 und 87a ist Friedenspflicht einzuhalten und hat sich jeder Staat Angriffskriegen zu enthalten. Der militärische Einsatz in Syrien ohne Zustimmung der rechtmäßigen Regierung Syriens ist jedoch ein Angriff auf die staatliche Integrität und Souveränität Syriens.

Bei Verletzung der Grundnormen des Grundgesetzes der BRD ist Widerstandsrecht nach Artikel 20, Absatz 4 gegeben, auf die sich die Friedenskräfte in ihrem Antikriegskampf berufen können.

Die von den USA im Rahmen der so genannten Neuordnung des Nahen und Mittleren Ostens zur alleinigen Beherrschung seiner energetischen Ressourcen inszenierte Aggression mit den von ihnen ausgebildeten Söldnern und Terroristen gegen die rechtmäßige Regierung und den gewählten Präsidenten Assad ist völkerrechtswidrig. Der von der syrischen Regierung im Oktober 2015 nach 5-jährigem Krieg erbetene militärische Beistand durch die Russische Föderation entspricht dem gegenüber Kapitel VII der UN–Charta und hat seine Wirkung durch russische Luftstreitkräfte seit dem 17.Oktober dieses Jahres nicht verfehlt. Dadurch konnten durch syrische Truppen weite Gebiete befreit werden. Tausende Terroristen und Söldner wurden in die Flucht geschlagen und vom Territorium Syriens vertrieben.

Die Realisierung der Absichten der USA im Bündnis mit der Türkei, Saudi Arabien, Katar unter anderem das syrische Regime zu stürzen, geriet dadurch ins Wanken.

Es liegt auf der Hand, daß gerade in dieser Situation Anschläge in Paris durch eine vom Westen hochgezüchtete Terrorgruppe erfolgten, die genutzt wurden, eine westliche Allianz auf gemeinsame militärische Einsätze unter Bruch des Völkerrechts in Syrien einzuschwören.

Daß es kein Zufall war, wird auch unterlegt durch eine Veröffentlichung im Guardian am 15.11.2015, in dem der in Frankreich bekannte Notarzt Patrick Pelloux zu Wort kommt, der nach den Pariser Anschlägen im Krankenhaus Verletzte behandelt hatte: „Unmittelbar, nachdem ich von den Freitagabend stattgefundenen Anschlägen erfahren hatte, eilte ich in die Notaufnahme. Tatsächlich hatten die Pariser Notfallkräfte an jenem Morgen eine Übung für einen großen Terroranschlag durchgeführt. Wir waren gut vorbereitet.“

Der Zusammenhang mit durchgeführten Übungen und tatsächlichen Terroranschlägen an gleichen Tagen wird sichtbarer, wenn man die gleichen Szenarien und Realitäten bei vorhergehenden großen Terroranschlägen zu verzeichnen hatte. So zum Beispiel bei dem verheerenden Terroranschlag auf das Londoner U-Bahn–System am 7.Juli 2005, bei der am gleichen Tag durch die Sicherheitsfirma „Visor Consultans“ eine Übung „simultane Bombenanschläge auf U- Bahnstationen“ vorgenommen wurde, bei den Flugzeugentführungen und Anschlägen am 11. September 2001, die während einer Militärübung: „Entführung von Passagiermaschinen im Luftraum der USA“ stattfanden, auch bei den Breivik-Anschlägen in Norwegen 2011 ging eine „fast identische“ Übung am gleichen Tag voraus.

Die Absichten der Allianz-Kriegseinsätze werden auch durch voreilige Äußerungen von maßgeblichen Politikern deutlich, die die provokatorische Frage aufwerfen, was aus den vom IS befreiten Gebieten in Syrien dann weiter wird. Will man sich also dort festsetzen? Die vorgesehenen Militärschläge aus der Luft oder durch Bodentruppen sind ohne Genehmigung der Regierung Syriens auch ein Verstoß gegen das Gewaltverbot entsprechend Artikel 2, Ziffer 4 der UN –Charta und es besteht ein Selbstverteidigungsrecht Syriens.

Das von Frankreich eingeforderte Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung nach Artikel 51 der UN-Charta ist nur gegeben nach Beschluß des Sicherheitsrates als bewaffnete Aggression, wenn ein Staat als erster gegenüber einem anderen Staat militärische Gewalt ausübt, also eine Aggression begeht. Da die Terroranschläge in Paris zwar Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind, aber kein bewaffneter Angriff eines Staates auf das

Hoheitsgebiet Frankreichs waren, die Terroristen waren Franzosen und Belgier, konnte sich Frankreichs Präsident auch nicht auf Artikel 42, Absatz 7 des EU-Vertrages berufen, auch

nicht auf die Solidaritätsklausel des Artikels 222 des Vertrages über die Arbeitsweise der EU, die nur auf die Hilfe gegen Terroristen innerhalb des Landes abzielt.

Das Argument der Verpflichtung zur Hilfe entsprechend bestehender Verträge ist vorgeschoben, um eine Allianz zu sichern.

Alle winkeladvokatischen Verrenkungen ändern nichts an der Illegalität der westlichen Kampfeinsätze auf syrischem Boden, die nicht von einem Beschluß des Sicherheitsrates gedeckt sind.

Die Erfahrungen zeigen, imperialistische Mächte brechen ständig Recht und Gesetz. Vereinbarungen und Zusicherungen sind keinen Cent wert. Die Osterweiterung der NATO in Europa ist ein gutes Beispiel. Der Imperialismus begeht permanent Verbrechen an der Menschheit, wenn es dem Profitinteresse dient, das ja bekanntlich keine Grenzen kennt.

Die KPD ist grundsätzlich gegen Einsätze der Bundeswehr im Ausland. Darum fordern wir auch, keine Verlängerung der Einsätze in Afghanistan und Abzug aller Bundeswehreinheiten aus dem Ausland.

Wir unterstützen den Entschließungsantrag der Linksfraktion im Bundestag zum Stopp von Waffenlieferungen in Staaten, die die Terrororganisation IS fördern.

 

Berlin, 5. Dezember 2015

Vorsitzender der KPD
Torsten Schöwitz